Zoster Enzephalitis: Gehirnentzündung durch Herpesviren
Herpes-Enzephalitis – Symptome, Behandlung und Ursachen einer Gehirnentzündung
| aktualisiert 25.09.2017 veröffentlicht: Medizinische Kontrolle: M.Foerster,
Unter dem Fachbegriff „Enzephalitis“ versteht die Wissenschaft die lebensbedrohliche von Viren ausgelöste Entzündung des Gehirns. Zu besagten Viren, die als Verursacher einer Gehirnentzündung gelten, gehören unter anderem die Herpes-simplex-Viren (kurz HSV). In diesem Fall sprechen Fachleute von einer Herpes Enzephalitis. Unter allen durch Viren ausgelösten Gehirnentzündungen sind nur ungefähr fünf bis zehn Prozent auf eine Infektion mit HSV zurückzuführen. Dennoch handelt es sich bei einer Herpes Enzephalitis um die am häufigsten zum Tod führende Virus-Gehirnentzündung.
Herpes Enzephalitis – Entzündung des Gehirngewebes
Hinsichtlich der Erreger, den Herpes-simplex Viren, differenzieren die Mediziner zwischen den eng verwandten HSV-1 sowie HSV-2. Diese Viren lösen nicht nur eine Herpes Enzephalitis aus, sondern sind beispielsweise deutlich häufiger der Grund für einen Lippenherpes.
Hinsichtlich der durch die Viren möglichen Erkrankungen sind 95 Prozent der Infektionen auf das Herpes-simplex-Virus 1 zurückzuführen. Grund hierfür ist die Infektionsweise: Das HSV-1 wird mittels Tröpfchen übertragen und somit meist über die Nase aufgenommen. Eine Infektion mit dem Typ zwei des Herpes-simplex-Virus ist dagegen nur während einer Geburt oder über Geschlechtsverkehr möglich. Bei vielen Personen findet bereits in der Kindheit eine meistens unbemerkte Infektion mit dem Typ HSV-1 statt. Die Erstinfektion verläuft oftmals ohne Symptome und führt nur in etwas mehr als 30 Prozent der Fälle zu einer Erkrankung.
Danach verbleiben die Erreger in den Nervenzellen und können durch eine anderweitig ausgelöste Infektion, durch Stress sowie durch eine Schwächung des Immunsystems reaktiviert werden.
Enzephalitis durch Herpesviren
Besagte Reaktivierung trifft auf die verbleibenden knapp 70 Prozent der Erkrankungen zu.
Eine Herpes Enzephalitis ist bei beiden Geschlechtern gleichermaßen wahrscheinlich. Dabei tritt diese ohne regionale Einschränkung sporadisch auf. Die Häufigkeit der Entzündung des Gehirngewebes über HSV ist bei Personen zwischen dem 20. und dem 30. Lebensjahr am höchsten. Bei einer Herpes Enzephalitis gelangen die Erreger über das Nervensystem in das Gehirn und verursachen dort eine Entzündung. Betroffen sind zunächst die seitlichen Teile des Gehirns sowie das für die Gedächtnisbildung und die Emotionen verantwortliche limbische System.
Enzephalitis Krankheitsverlauf:
Von anfängliche Grippesymptome, danach Krampfanfälle und Bewusstseinsbeeinträchtigung
Typisch für den Verlauf einer Herpes Enzephalitis ist die rasche Aufeinanderfolge verschiedener Stadien. Zunächst unterscheidet sich die Erkrankung kaum von einer herkömmlichen Virusinfektion mit Fieber sowie Kopf- und Gliederschmerzen.
Doch diese Symptome werden später ergänzt durch einen weiteren Anstieg der Körpertemperatur, Schwindelgefühle und Lähmungserscheinungen. Auch Einschränkungen der Sprachfunktion sowie Wahrnehmungsstörungen des Sehvermögens und der Geruchsempfindung gehören zu den Anzeichen einer Herpes Enzephalitis.
Dazu sind Erbrechen, Krampfanfälle sowie eine schmerzhafte Nackensteifigkeit möglich. Bei Säuglingen, bei denen der Schädelknochen noch nicht zusammengewachsen ist, kann darüber hinaus eine Wölbung des Schädels beobachtet werden. Ferner treten bei Kindern Unruhe, Krämpfe sowie eine gesteigerte Trinklust auf. Ist der Anstieg des Hirndrucks als Folge der Herpes Enzephalitis für das Einklemmen von Hirnteilen verantwortlich oder schädigt er überlebenswichtige Areale, kann der Tod sehr schnell eintreten.
Ein tödlicher Verlauf ist jedoch auch bei einer über mehrere Monate dauernden Infektion möglich. Wird die Herpes Enzephalitis durch einen Herpes-simplex-Virus vom Typ 2 ausgelöst, fällt der Verlauf oftmals milder aus und ist dazu überwiegend nicht lebensgefährlich.
Enzephalitis Diagnose
Diagnose der Herpes Enzephalitis nach Beginn der Behandlung
Bei einer Herpes Enzephalitis ist eine rasche Diagnose notwendig, da der Zeitpunkt des Beginns der Therapie für den weiteren Verlauf entscheidend ist. Treten die oben genannten Symptome auf – insbesondere Fieber, Kopfschmerzen sowie plötzliche Krämpfe und eine Bewusstseinsbeeinträchtigung – besteht der Verdacht auf eine Entzündung des Gehirngewebes.
Bei begründetem Verdacht auf eine Herpes Enzephalitis wartet der Arzt die endgültige Diagnose nicht ab, sondern beginnt unverzüglich mit einer (prophylaktischen) Therapie.
Der sicherste Nachweis des Herpesvirus erfolgt durch die Entnahme einer geringen Menge an Nervenwasser zwischen den Lendenwirbelkörpern (Liquordiagnostik). Der Nachweis von gegen HSV-1 gebildeten Antikörpern ist erst ab dem siebten Tag nach der Infektion möglich. Mit der Therapie bei einer Herpes Enzephalitis muss deutlich früher begonnen werden. Darüber hinaus stehen mit dem EEG sowie der Kernspin- beziehungsweise Magnetresonanztomografie (kurz MRT) zwei Alternativen zur Verfügung, die eine frühere Diagnose einer Herpes Enzephalitis zulassen:
Die beiden letztgenannten bildgebenden Verfahren lassen Entzündungsherde im Gehirn erkennen. Das EEG zeigt Störungen der Gehirnströme.
Die Bedeutung der Diagnose einer Herpesenzephalitis
Fokale neurologische Ausfälle, Fieber und Kopfschmerzen weisen auf die Herpesenzephalitis hin. Bereits nach dem Auftauchen erster Anzeichen steht eine schnelle Behandlung im Vordergrund. Diese verzögern die Ärzte nicht durch langwierige diagnostische Maßnahmen. Allerdings erhält die Diagnosesicherung eine große Bedeutung, um eine Differenzialdiagnose zu stellen. Beispielsweise lösen nicht nur Herpes-simplex-Viren die gesundheitliche Komplikation aus. Ebenso besteht die Möglichkeit, dass sich die Gehirnentzündung nach einer Gürtelrose-Infektion manifestiert. In dem Fall sprechen die Mediziner von der Zosterenzephalitis.
Die Erkrankung tritt selten auf und unterscheidet sich kaum vom klinischen Erscheinungsbild der Herpes-Enzephalitis. Beide Fälle stellen einen akuten Notfall dar und bedürfen sofortiger Gegenmaßnahmen. Durch die Diagnose erstellen die Mediziner eine erste Diagnose und schätzen die Folgeschäden ab. Um die Krankheit von anderen Gesundheitsgefährdungen abzugrenzen, führen sie beispielsweise eine labormedizinische Untersuchung durch. Im Vordergrund steht hierbei die Liquorzytologie. Leiden Sie an der Entzündung des Gehirns – im Englischen auch Brain Fever genannt – vermehren sich oftmals die Lymphozyten im Organismus.
Die Ärzte sprechen in dem Fall von der lymphozytären Pleozytose. Sie geht oftmals mit dem Auftreten einzelner Siderophagen einher. Bei der Diagnose der Herpes-simplex-Enzephalitis bringt eine Blutuntersuchung in der Regel keine aussagekräftigen Ergebnisse. Der Grund besteht darin, dass im Blut keine Entzündungskonstellation vorliegt. Ebenso erweist sich die Erreger-Diagnostik aus dem Blutserum als aussichtslos. Daher ordnet Ihr behandelnder Arzt nach der Kontrolle des klinischen Verlaufs eine neurologische Untersuchung an. Bei dieser beurteilt er beispielsweise den Augenhintergrund und den Hirndruck.
Im Mittelpunkt steht der Liquor, den die Mediziner im Zuge einer Lumbalpunktion gewinnen. Sie stechen mit einer Hohlnadel in den Lumbalkanal, der sich auf Höhe der Lende befindet. Auf die Weise gelingt es, das Nervenwasser zu entnehmen. Tritt die Enzephalitis nach einer Gürtelrose-Infektion auf, führen die Ärzte das gleiche Verfahren durch. Erkranken Sie an der Herpes-simplex-Enzephalitis oder der Zosterenzephalitis, erfolgt die Therapie mit antiviralen Medikamenten. Da die Varizella-Zoster-Viren nach der Krankheit im Körper verbleiben, erhält ihre Identifikation Relevanz. Ihre Entfernung aus dem Organismus liegt nicht im Bereich des Möglichen.
Was sagt der Liquor aus?
Leiden Sie an einer Herpesenzephalitis, befinden sich in der Probe vermehrt Lymphozyten. Des Weiteren finden die Ärzte Plasmazellen und eine deutliche Eiweißerhöhung. Letztere deutet auf eine Störung der Blut-Liquor-Schranke hin. Innerhalb des Hirngewebes findet in regelmäßigen Abständen der hämorrhagische Zelluntergang statt. Das Fremdwort bedeutet im Deutschen „Blutungen auslösend“. Aus dem Grund befinden sich auch Siderophagen im Liquor. Bei den Zellen handelt es sich um Makrophagen, die ein Abbauprodukt des roten Blutfarbstoffs phagozytieren. Das Restprodukt heißt in der Medizin Hämosiderin.
Gleichzeitig existiert im Nervenwasser eine verstärkte Konzentration der neuronalen Schadensmarker. Zu ihnen zählt beispielsweise die neuronenspezifische Enolase. Eine weitere Möglichkeit der Diagnose besteht in einem direkten Erregernachweis. Zu dem Zweck benutzen die Ärzte ebenfalls den Liquor. Um die Herpes-simplex-Viren zu identifizieren, kommt PCR zum Einsatz. Die Abkürzung steht für die Polymerase-Kettenreaktion. Der Test erweist sich als spezifische und sensitiv. Die DNA der Erreger weisen die Mediziner bereits ein bis zwei Tage nach dem Auftreten der Symptome im Liquor nach.
Kommt es zu einem negativen Nachweis, schließt dieser die gesundheitliche Komplikation nicht aus. Das belegt die Studie: „Specific diagnostic methods for herpesvirus infections of the central nervous system: a consensus review by the European Union Concerted Action on Virus Meningitis and Encephalitis“. Sie stammt von Linde A. et al. und erschien im August 1997. Bei einem positiven Ergebnis differenzieren die Experten zwischen den Erregertypen HSV-1 und HSV-2. Beginnen Sie frühzeitig mit der Behandlung der Herpesenzephalitis, misslingt die Identifikation der Erreger unter Umständen.
Eine unterstützende Diagnosemaßnahme stellt der Nachweis der intrathekalen Anti-HSV-Antikörperproduktion dar. Ein anderer Begriff für das Fachwort lautet Antikörper-Index. Den Test führen die Ärzte frühestens sieben Tage nach Beginn der Erkrankung durch. Als alleiniger Beweis für die Gehirnentzündung dient das Verfahren nicht.
Die apparative Untersuchung bei Herpes-simplex-Enzephalitis
Entsteht die Gehirnentzündung nach dem Eindringen der Herpes-simplex-Viren oder nach der Gürtelrose-Infektion, erhält die Magnetresonanztomographie eine wesentliche Bedeutung. Sie gilt für die Diagnose der gesundheitlichen Komplikation als richtungsweisend.
Bei der Untersuchung erkennen die Mediziner temporal und basal enzephalitische Herde. Sie erscheinen, sobald die zentralnervösen Symptome auftauchen. Bei der Computertomografie des Schädels bemerken die Ärzte im Normalfall keine Anzeichen für die Krankheit. Erst nach fünf bis elf Tagen geben die Tomografie und das EEG Auskunft über die Gesundheitsgefährdung.
Zudem besteht für die Experten die Option, eine Hirnbiopsie bei den Patienten vorzunehmen. Zu dem Zweck erfolgt die neurochirurgische Entnahme einer Hirngewebeprobe. Die neuropathologische Untersuchung erweist sich als letzte Diagnosemöglichkeit. In früheren Zeiten galt sie als bedeutsamer Faktor, kommt heute jedoch nur in Ausnahmefällen zur Anwendung. Speziell hilft die Hirnbiopsie dabei, die Herpes-simplex-Enzephalitis von anderen entzündlichen Krankheiten des Zentralen Nervensystems abzugrenzen.
Differenzialdiagnose: Enzephalitis durch Gürtelrose-Infektion
Die Ursache für Symptome, die der Herpes-simplex-Enzephalitis ähneln, stellt die Zosterenzephalitis dar. Sie entsteht im Zuge einer Gürtelrose-Infektion, wobei der komplizierte Verlauf eine Rolle spielt. Befallen die Erreger beispielsweise den Trigeminusnerv, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit für die Gehirnentzündung. Des Weiteren führen folgende gesundheitliche Komplikationen zu den neuronalen Anzeichen:
- Meningoenzephalitis,
- Frühsommer-Meningoenzephalitis
- und Japanische Enzephalitis.
Neben den Herpesviren verursachen auch enzephalitische Flaviviren die Erkrankung. Leiden Sie an einer durch Enteroviren ausgelösten Gehirnentzündung, kommt es zu einer akuten und heftigen Symptomatik. Jedoch heilt die Krankheit innerhalb weniger Tage folgenlos aus. Zu der bakteriellen Differenzialdiagnose zählt bei Kindern die Meningitis, die Meningokokken hervorrufen. Zusätzlich gleichen die Merkmale einer zentralnervösen Listeriose den Hauptsymptomen für die Herpesenzephalitis.
Wie funktioniert die Neuropathologie
Vermuten die Ärzte bei Ihnen die Herpes-simplex-Enzephalitis, führen sie die neuropathologische Untersuchung durch. Aus histologischer Sicht gleicht die Erkrankung der nekrotisierenden hämorrhagischen Meningoenzephalitis. In der akuten Phase der Komplikation entstehen entzündliche Infiltrate, die aus Lymphozyten und Granulozyten bestehen. Diese existieren im Bereich der Leptomeningen des Hirngewebes. Als charakteristische Begleiterscheinungen zeigen sich die Hirngewebseinblutungen. Im Verlauf der Gehirnentzündung setzt das Zellsterben ein. Hierbei sprechen die Mediziner von Gewebsuntergängen.
Die Folgeschäden der Herpesenzephalitis
Schlägt die Therapie der gesundheitlichen Komplikation an, beugt diese entstehenden Folgeschäden nicht zwangsläufig vor. Oftmals weisen die Betroffenen eine Gehirnschädigung im vorher entzündeten Bereich auf. Zu den typischen Folgeleiden gehört die postenzephalitische Epilepsie. In der Regel bedarf sie einer antikonvulsiven Langzeittherapie.
Enzephalitis Behandlung und Therapie
Prophylaktische Therapie einer Herpes Enzephalitis mit Virostatikum
Bei einem Verdacht auf eine Herpes Enzephalitis beginnt der Arzt unverzüglich mit der Therapie, ohne die endgültige Diagnose abzuwarten. Ein früher Beginn erhöht die Überlebenschancen des Patienten.
Der Nachweis über die vorgestellten Diagnose-Verfahren dient somit lediglich der Bestätigung der vorab anhand der Symptome aufgestellten Vermutung. Hierbei wird zur Bekämpfung beziehungsweise zur prophylaktischen Anwendung ein Virostatikum über einen Zeitraum von mindestens drei Wochen verabreicht. In der Regel fällt die Wahl dabei auf das Mittel Aciclovir. Begleiterscheinungen, die im Zuge einer Herpes Enzephalitis auftreten – wie beispielsweise ein Hirnödem – müssen ebenfalls behandelt werden.
Setzt der Arzt zur Behandlung das Virostatikum frühzeitig ein, liegt die Sterblichkeit der Patienten bei unter 20 Prozent. Bei Verzicht auf eine Behandlung ist die Erkrankung in 80 Prozent der Fälle tödlich. Jeder zweite an Herpes Enzephalitis erkrankte Patient leidet trotz korrekter Therapie unter dauerhaften neurologischen Schädigungen wie Änderungen der Persönlichkeit, Störungen des Gedächtnisses oder epileptischen Anfällen. Dazu besteht die Gefahr von depressiven Störungen.
Literatur:
Handbuch Infektionen bei Kindern und Jugendlichen/ Hrsg. Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie e.V.